Leben in der DDR- I

Ich bin in der DDR geboren und aufgewachsen, und wir haben dort gelebt, wie wir fanden, nicht schlecht, denn alles was wir heute selbstverständlich finden, vermissten wir nicht, weil wir es nicht kannte ! Das Einkaufen gestaltete sich etwas schwierig. So bekam man nur einen kleinen, etwa Handgroßen Blumenkohl, wir waren 5 Personen, nee, 2 Stück bekamen wir nicht. Dafür war es damals in der HO aber Gang und Gebe, sich sein halbes Brot selbst abzuschneiden.
Torten gab es auch, im Leihkarton, mit Pfand.
Lecker! Weiß nicht wie alt die Kisten waren, aber abgeben musste ich sie ja, war doch Pfand drauf. Dann auch noch mosern dass das Teil fettig war, Buttercremetorte hat das so an sich.
Zu Weihnachten hatten wir auch Orangen, diese grünen Dinger aus Cuba, na besser als nix. Wir haben nicht gemosert beim Anstehen nach Bananen, denn das war normal. Auch dass bsplw. das Bier trüb war, war nicht so schlimm. Nun gut, es gab auch andere Sorten, aber nur ein mal im Monat.

Dann hatten wir noch diese "Leckerlichkeiten":

Goldbroiler
Warum hießen Grillhähnchen Broiler?
Da hatte sich ein Anglizismus in das sozialistische Sprachgut eingeschlichen. Denn to broil (engl.) heißt schmoren, braten und ein Broiler ist bekanntlich ein Brathähnchen.
Aufgetaucht ist der Begriff schon 1966 in der Zeitung Neues Deutschland , und eingeflogen ist der Broiler über Bulgarien. In der bulgarischen Stadt Tolbuchin nämlich hatte man 1962/63 mit der Massenzucht von Geflügel begonnen. Normalerweise heißt Geflügel im bulgarischen pile , die Neuzüchtung wurde aber aufgrund ihrer Bestimmung brojleri genannt. Das Geschäft lief gut und die bulgarische Marke wurde, wie hierzulande etwa Tempo für Taschentuch oder Uhu für Klebstoff, schon bald zum Synonym für das Grillhähnchen schlechthin.
Kap "Goldbroiler = Masthähnchen; in Sachsen wurde auch das 5-Mark-Stück so bezeichnet, das zur Bezahlung des gerösteten Huhns reichte

Die Ketwurst ist die ostdeutsche Abwandlung des Hot Dogs.

Zur Zubereitung wird eine besondere Bockwurst, die größer ist als die bei Hot Dogs, im Wasserbad erhitzt. Ein spezielles, längliches und weiches Brötchen wird auf einen heißen Metallzylinder gespießt, um einen Hohlraum zu schaffen und das Brötchen zu erwärmen. Dann wird die Wurst in ein spezielles Ketchup getunkt und in das Brötchen gesteckt. Die bei Hot Dogs üblichen Zugaben wie Röstzwiebeln und Gewürzgurken entfallen.
Erfunden wurde die Ketwurst, wie auch die Grilletta, von Mitarbeitern der HO Gaststättenbetrieb Fernsehturm in Berlin 1977 oder 1978

Ammonplätzchen
Bäcker und Kaufhallen mußten von Amtswegen "Amerikaner" so nennen

Vita Cola
Sie war eine der DDR-Cola-Marken, und vielleicht die beste.
Deshalb Vita-Cola, und weil sie eine der wenigen Überlebenden und noch dazu erfolgreich Überlebenden ist.

Kennt ihr Puffreis ?
Auch ein Lebensmittel der Deutschen Demokratischen Republik in den 50er-Jahren.
Hergestellt wurde er im Reiswunderwerk Wernigerode.

Schokolade hatten wir auch, mir fehlt sogar diese Schlager Süßtafel, heute ist sie wieder da, aber es nicht der gleiche Geschmack. Kann es vielleicht auch sein, dass unsere Geschmacksnerven im "Westen" gelitten haben? und uns das Zeug nur deshalb nicht mehr so schmeckt wie früher? oder hat irgend jemand noch mal den Geruch entdeckt den ein Intershop immer hatte

Und auch Kaffee, DDR - Kaffee

Nachdem die DDR 1972-1975 jährlich im Schnitt 150 Millionen Valutamark für die Kaffeeversorgung der Bevölkerung aufgebracht hatte, kam es 1976/77 zu einer Preisexplosion auf dem Weltmarkt, einem Devisenbedarf von fast 670 Millionen VM, und in der Folge zur "Kaffeekrise" (kein offizieller Begriff).

Das Politbüro entschied am 28. Juni 1977 über die erste Vorlage "zur Produktion und der Versorgung mit Kaffee- und Kakaoerzeugnissen" zwecks Verringerung des Devisenverbrauchs für den Import. Alexander Schalck-Golodkowski hatte Günter Mittag vorgeschlagen:

"Alle bisher in der DDR produzierten und angebotenen Sorten Röstkaffee werden ab 1.7. 1977 nicht mehr produziert."
Das gesamte Kaffeeangebot im Einzelhandel sollte reduziert werden auf
eine Sorte "auf dem Niveau von Rondo" zu 120 Mark/kg (!) sowie
einen Mischkaffee "aus 50% Röstkaffee und 50% Surrogaten".
"Auf eine Kontingentierung beim Verkauf ... ist zu verzichten, da ... durch die Erhöhung des Kaffeepreises um ca. 100% ein Rückgang des Kaffeeverbrauches um ca. 25-30% zu erwarten ist."
"Weiterhin ist damit zu rechnen, daß ... eine Zunahme der Versorgung ... durch andere Quellen, wie z.B. durch grenzüberschreitenden Päckchen- und Paketverkehr und beim Abkauf im Intershop ... erfolgen wird."
"In Betrieben, Verwaltungen, Institutionen usw. sowie für Repräsentationszwecke ist der Verbrauch von Kaffee generell zu untersagen."
Laut eines Schreibens von Albert Norden an Honecker, in dem er den Generalsekretär vor den Folgen warnte, sollte darüber hinaus der "Ausschank von Bohnenkaffee in den Gaststätten völlig (eingestellt)", und "zukünftig nur noch etwa 20 Prozent der jetzigen Menge an Bohnenkaffee angeboten werden". Norden prognostizierte: Die "Maßnahme wird auf kein Verständnis stoßen, große Unzufriedenheit auslösen".

Das Politbüro beschloss am 26. Juli trotzdem:

Ab 1. August sollten alle staatlichen Einrichtungen, die NVA, die Kantinen der Betriebe und die Gaststätten der Preisstufen III und II nur noch den neuen Mischkaffee anbieten.
Dieser bestand aus
51% Röstkaffee
5% Zichorie
5% getrockneten Zuckerrübenschnitzeln
5% Spelzanteilen
34% Roggen-Gersten-Gemisch.
Alle Kaffeesorten sollten aus dem Handel gezogen werden, bis auf die teureren Mona, Rondo und Mokka-Fix Gold.
Der Volksmund titulierte den neuen Mischkaffee als "Erichs Krönung". Die Bevölkerung war über die Maßnahmen empört, denn der "Kaffee" war ungenießbar und "ruinierte vor allem die Kaffeemaschinen in Großküchen und Gaststätten" (Quelle s.u.). Es kam zu einer nie dagewesenen Welle von Eingaben ?.

Die SED-Führung versuchte gegenzusteuern, indem die Mischung geändert wurde - ohne Erfolg. Schließlich musste sie im Tausch gegen Fertigerzeugnisse Rohkaffee aus diversen Erzeugerländern eilig "organisieren". In der Folge wurde u.a. ein Abkommen mit Vietnam geschlossen, das dort zum verstärkten Anbau von Kaffee für die DDR führte (zuvor hatte der Kaffeeanbau dort kaum eine Rolle gespielt).

Die "Kaffeekrise" entschärfte sich ab 1978 wieder, da die Weltmarktpreise für Rohkaffee sanken. In diesem Jahr importierte die DDR rund 500.000 Tonnen Kaffee für 470 Millionen VM. Der Erlös im Einzelhandel betrug 3,3 Milliarden Mark (zum Vergleich: Umsatz bei Möbeln 3,7 Mrd.; bei Schuhen 1,8 Mrd.).
Die Sorten:

Wir waren nicht am Verhungern, das 3-Pfundbrot kostete 96 Pfennig
ein Brötchen 5 Pfennig. Fisch z.B. war das billigste Nahrungsmittel und kein Luxus, so wie heute.
Die Mieten waren bezahlbar, auch wenn wir erst nach der Wende erfuhren, das darum alles so runter gekommen ist.

Wie gesagt, das mit dem Essen war nicht so schlimm. Schlimmer war, was man erleben konnte, wenn man nicht zu Wahl ging, ich habe es erlebt! Ich stand kurz vor einer Lohnerhöhung wegen guter Leistung, aber ich hatte "keinen Bock", immer wieder zu Wahlen zu gehen, und warum auch, das Ergebnis war doch klar!

Man muss wissen:
In der DDR-Zeit lag die Wahlbeteiligung immer bei fast 100 Prozent. Nicht zur Wahl zu gehen konnte die Nachbarn sehr misstrauisch machen und man wurde schief angesehen.. Man konnte von "Wahlhelfern Besuch bekommen, die einen zum Wahllokal begleiteten.
Dort standen zwar Wahlkabinen aber sie wurden nicht genutzt, weil eh wusste, dass die "Wahl lediglich das bestehende System bestätigen sollte. In die Kabine zu gehen war auf jeden Fall verdächtig, auch wenn es verfassungsmäßigen ein "geheimes Wahlrecht gab. Das konnte Konsequenzen haben man musste mit , "Repressalien" rechnen. Wer nicht auffallen wollte, machte also schnell sein Kreuzchen vor den Augen der anderen.

Am Montag kam ich dann in meinen Betrieb und wurde gleich zum Parteisekretär gerufen. (Ich war nicht in der Partei): "Sie waren nicht wählen, warum?"
Ich antwortete, um eine Ausrede nie verlegen, " Das Kind war krank."
"Sie sind am Straßenrand bei einem Umzug gesehen worden, warum?"
"Weil meine Tochter im Fanfarenzug spielt, das wollte ich sehen."
"Und, wo war das kranke Kind?"
"Bei mir, im Kinderwagen. "
Über die Lohnerhöhung reden wir nach der nächsten Wahl"
Das war"s- schon ärgerlich, aber nicht wirklich schlimm, es tat nicht weh, und ich war stolz, dass ich gemacht hatte, was ich wollte.

Nicht nur das mit den Wahlen war so eine Sache, es war auch mit der Musik so.
Ich bin trotz meiner 3 Kinder regelmäßig zur Disco gegangen, das Bier kostete 50 Pfennig, der Eintritt 1,50 M, das war doch toll, und Spaß hatte ich jede Menge, wenn da nicht wieder diese Vorschriften gewesen wären!

Um deutlich zu machen, was ich meine, ein paar Zeilen aus dem www.

Gut 40 Jahre Musikgeschichte hat auch die DDR auf ihre Art zwischen 1949 und 1990 geschrieben. Ebenso wie in der Bundesrepublik gab es Rock, Beat, Schnulzen und Volksmusik, Militärmärsche, Orchester- und Vokalmusik, und Punk. Musikalisch eben ein ganz normales Land in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Oder fast. Die DDR ging immer ihren eigenen Weg, hatte ihren eigenen Charakter, Klang. Politisches Liedgut war - anders als im Westen - schon von der Kinderkrippe an präsent, und die Musiker einer Band mussten eine musikalische Ausbildung durchlaufen haben, ehe sie "losrocken" oder sonst wie professionell musizieren konnten.

Teile der Musikanlage, der Disco, zu der ich immer ging:

Auch bei uns gab es Gewerkschaften, den
"Freier Deutscher Gewerkschafts-Bund"

Offiziell war die Mitgliedschaft im FDGB freiwillig, inoffiziell war eine berufliche Karriere als Nichtmitglied aber nur schwer möglich. Die Mitgliedschaft war jedoch mit Kosten verbunden. So waren 1 DM Beitrittsgebühr (später 1 M) bei der Aufnahme fällig. Anfänglich wurden wöchentliche Mitgliedsbeiträge gezahlt. Später richtete sich der monatliche Beitrag nach dem Bruttolohn oder Bruttogehalt. Dazu zählten auch Grundstipendien bei Studenten, Renten, Zusatzrenten und Pensionen und Lohnausgleich im Krankheitsfall. Unterschieden wurde in mehreren Beitragsklassen. Festgesetzt war das alles in der sich alle Jahre ändernden Beitragsordnung. 1986 waren 98% aller Arbeiter und Angestellten im FDGB organisiert und er hatte insgesamt 9,6 Mio. Mitglieder. Der FDGB war damit die größte "gesellschaftliche Organisation" der DDR und hatte nach der SED mit 61 Abgeordneten die zweit stärkste Fraktion im DDR-Parlament Volkskammer. Er war damit nominell einer der größten Gewerkschaftsverbände der Welt.
Zugeordnet war auch eine Kasse der gegenseitige Hilfe. Hier wurden von Fall zu Fall einmalige finanzielle Beihilfen oder zinslose Darlehen gezahlt, wenn Härtefälle auftraten. Dafür war dann der sogenannte "Solidaritäts Beitrag" immer dazu.
Ich habe zu der Zeit gut verdient 1200,--M, die Miete betrug für 91qm 63,- M.

Und es gab es auch echte Vergünstigungen für die Mitglieder, wie z.B. Fahrpreisermäßigungen bei der Deutschen Reichsbahn, anlässlich von Fahrten zu FDGB Urlaubszielen, was ich mir natürlich nicht entgehen ließ. Fast jedes Jahr fuhr ich mit meinen Kindern in den Urlaub. Natürlich nicht nach Spanien oder so, sondern alles innerhalb des Landes, aber ohne Ausnahme schön. Für 200 Mark einen Urlaub für 1 Erwachsenen und 3 Kinder, Unterkunft und Vollverpflegung natürlich. So was konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Und jeden Urlaub fanden wir herrlich!!!

Hier ein paar Urlaubserinnerungen, natürlich in Schwarz-Weiß, den Farbfotos konnte kaum einer bezahlen.

Der Mangel in der DDR hat uns erfinderisch gemacht und wir haben zum Teil aus den verrücktesten Dingen selbst was gebastelt (ZBP. aus Strumpfhosen einen Ersatzkeilriemen fürs Auto) oder Spielzeug, dass wir uns, na klar selbst gebastelt haben.
Ich kann mich noch erinnern, ich glaub, ich war so 9 oder 10 Jahre, mit meinem Bruder ein altes Holzfass zerlegt zu haben. Die schönen gebogenen Bretter waren es , worauf wir es abgesehen hatten.
Wie wir die unter den Schuhen fest machten, das weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur das sie Anfangs nicht richtig rutschen wollten, Aber Oma hatte noch Kerzen, die schmierten wir, was das Zeug hielt, drauf. Und dann raus, auf die Straße, staunende Blicke von den anderen! Ja, das waren unsere ersten Skier.

Aber natürlich besaßen wir auch Puppen und Autos, bin heute noch erstaunt und dankbar, wie meine Mutti das alles auf die Beine gestellt hat. Ich kann nicht sagen, das mir was fehlte.
Auch diese Schaukel im Garten hatte mein Opa selbst gemacht.

Nachfolgend ein paar Bilder, aus meiner Kindheit! Und was aus dem Net!

Eine andere kleine Geschichte.

Als Alleinstehende, (heute heißt das Alleinerziehende) dann noch mit 3 Kindern, war es ziemlich komfortabel in der DDR. Es gab jährlich 2x Gutscheine zu Einkauf von Bekleidung, Bettwäsche oder Möbel.
Auch die Schulspeisung war gratis, 1/4 Liter Milch pro Kind auch, nur bei Kakao mussten ein paar Pfennige zugezahlt werden, der galt halt als Luxus.
Um Schulbücher musste ich mir keine Sorgen machen, die kamen von der Schule, als Leihbücher, und sollten natürlich auch als solche pfleglich behandelt werden.
Aber jeder weiß, das ist nicht so einfach, mal was dahin oder dorthin notiert, oder ein Merkzettel deponiert, schon war der Ärger vorprogrammiert.
Aber auch da half Beobachtung und Erfindung weiter. Die Bücher wurden bei der Abgabe grob durchgeblättert, was raus fiel, wurde kommentarlos entsorgt, aber Schmierereien in den Bücher wurden teuer. Also setzten wir uns Tags davor hin, radierten was das Zeug hielt. Was nicht raus ging, wurde ganz entfernt, mit einer Rasierklinge, fertig, Kontrolle bestanden

Natürlich waren die Kinderreichen auch in der DDR nicht sonderlich beliebt, teilweise wurden wir auch als Schmarotzer bezeichnet. Aber meist war es Neid, dass alle anderen am Wochenanfang ihr Essen und die Milch zu bezahlen hatten und meine Kinder nicht.
Aber sie legten sich schnell ein dickes Fell zu, waren auch nett und gaben was ab. Als kinderreich galt man ab 3 Kindern. Aber es gab auch Fälle, da war es auch schon mit 2 Kindern eng, und mit diesen teilten meine. Ich fand das in Ordnung, hatte damit kein Problem.
Klassenfahrten wurden bei uns vom Jugendamt übernommen, nicht immer voll, aber es reichte.
Also schon große Unterschiede zwischen Ost und West, damals.


1978 sagte Erich Honecker einmal dieses:

"Unsere Gegner können zwar schon nicht mehr umhin, die Vorschulerziehung in der DDR als etwas 'Bemerkenswertes' anzuerkennen; zugleich aber geifern sie - und Ihr werdet es sehen, das wird auch das Echo auf unsere Konferenz sein -: In der DDR werden die Kinder schon im Kindergarten politisch erzogen, der Staat entzieht den Eltern den Einfluss auf die Erziehung der Kinder usw. Ja, wir erziehen die Kinder von klein an zur sozialistischen Moral. Das ist eine Moral, die der verlogenen, heuchlerischen bürgerlichen Moral entgegengesetzt, ihr haushoch überlegen ist. Denn Erziehung zur sozialistischen Moral, das ist die Erziehung zur Liebe zu einem Vaterland, in dem die Väter und Mütter, die Werktätigen zum Wohle des Volkes die Macht ausüben. Das ist eine Erziehung zur Achtung vor den Menschen, vor ihrer Arbeit, zur Achtung vor dem Leben. Das ist eine Erziehung im Geiste der gegenseitigen Achtung, der Wahrheitsliebe. Das ist eine Erziehung zu wahrhaft menschlichen Eigenschaften" (Honecker 1978, S. 3)

Was auch immer er unter Wahrheitsliebe verstand, es war nicht das gleiche was wir meinten.



Arbeitslosigkeit gab es ja offiziell nicht in der DDR, und doch war ich davon betroffen.

Ich arbeitete damals, 1985, als Tierpflegerin in einer 6000-der Schweinemastanlage.
Viel Arbeiten waren da zu tun, unter andern musste täglich der Mischer, in dem das Futter für die Schweine gemischt wurde, gereinigt werden. Mit der Hand versteht sich. Einsteigen und alles abkratzen was fest hing.
Laut Arbeitsschutzverordnung, die jeder unterschreiben musste, durfte dieses nur zu zweit gemacht werden, einer drinnen, einer als Wache bei den Knöpfen, damit nicht versehentlich eingeschalten wird. Aber eines Tages kam es anders. Ich sollte allein da hinein, ohne jemanden zur Sicherheit am Knopf. Ich hab mich geweigert und wurde auf der Stelle gekündigt und umgehend des Betriebes verwiesen.
Was nun, kein Auto, kein Bus in Sicht, was würde mir anderes übrigbleiben, also die 10 km Hause zu laufen? Immer den quälenden Gedanken im Kopf: was nun? Aber ich ging nicht nach Haus, ich ging auf das "Amt für Arbeit"! Ja das gab es schon. Ich beschwerte mich, bekam zwar im Prinzip Recht, aber der Job war futsch, da wollte ich nicht mehr hin. Für 3 Monate musste der Betrieb mich noch Lohn bezahlen. Drei Monate zu Haus, ich wurde fast verrückt.
Dann hörte ich durch Zufall ich, dass in einer Wäscherei befristet Leute gesucht wurden, ich meldete mich und wurde genommen, und nach der Befristung innerhalb des Betriebes versetzt und bekam einen Arbeitsvertrag. Nun war ich zuständig für die Schuhreparatur! Na, wie das so ist, man lernt alles wenn man nur will. Ich war in diesem Betrieb dann bis zu Wende.

Ich trauere dem Leben in der DDR nicht nach, ganz bestimmt nicht, es ist auch viel Ironie in meinen Sätzen. Dieser kleine Kampf, den wir täglich kämpften, der uns aber nicht so sehr belastete, gehörte für uns doch dazu, das will ich vermitteln. Und einer kleiner Kampf war auch diese Geschichte.

Jugendweihe!
Na, nun ist es ja in ganz Deutschland bekannt, was das bedeutet, da muss ich nicht viel erklären.
Zu diesem Ehrentag bekam jeder neue Erwachsener ein Buch mit auf dem Weg.
Zu meiner Zeit hieß es "Weltall Erde Mensch", es war sehr interessant, und hat mich lange begleitet.
Doch als meine Kinder dann soweit waren nannte sich diese Buch "Vom Sinn unseres Lebens". Es enthielt die Biographien der Herren da oben, sonst nur Politik, Arbeit und natürlich Warnungen und Schmähungen des so schlimmen Kapitalismus.

Bekleidung war für diesen Tag zwar vorhanden, in der "Jugendmode" oder im "Exquisit", aber die Auswahl ließ sehr zu wünschen übrig.
Als meine Älteste Jugendweihe hatte, trugen 3 Mädchen das gleiche, so was ist natürlich frustrierend, wollte sie doch die Schönste sein! Nun gut aus Fehlern lernt man, bei den beiden anderen, war ich dann schlauer. Ich nähte selber, und ich war schon ein wenig stolz auf mich, denn nun waren sie wirklich die Schönsten! Und billiger war es auch, so dass wir auch noch flott Essen gehen konnten.
Ich habe nur noch Fotos von meiner Jüngsten, die fiel mit ihrem Gold durchzogenem Kostüm wirklich auf und war auch sehr glücklich darüber.
Ja, so habe wir gelernt, aus allem was zu machen. Später begann ich dann aus getragenen Jeans, die man mal so bekam, Jacken zu nähen, wobei immer auch Stoff aus der DDR dabei war, und sei es nur der Kragen gewesen. Das durften sie dann auch in der Schule anziehen, stand ja nicht drin "Hergestellt im Westen" :-)

Feiertage gab es in der DDR eine Menge, aber dieser hatte was:

Der 1. Mai

Dass dieser Tag nun gerade zufällig mal nicht die Erfindung der DDR war, weiß jeder, aber was daraus gemacht wurde, ist wohl vielen verborgen geblieben.

Die Kundgebung zum 1. Mai war im alten System eine Pflichtübung . Es wurde darüber gescherzt. Die Arbeiterin eines Berliner Kombinats erinnerte sich: "Der 1. Mai war die einzige "Demo", die wir in der DDR kannten. Es war unbedingt Pflicht teilzunehmen. In Bussen wurden wir hingekarrt. Und dann marschierten wir zur Musik, einfach so, an den Obrigen vorbei".
Nicht nur, das wir vorher 1 Mark für diese Mainelke bezahlen mussten, nee, wir standen auch stundenlang rum, um auf diverse Plakate zu warten. Dabei wollten wir doch unseren freien Tag auch noch genießen. Dann hatten wir die Dinger endlich! Auf ging"s, möglichst schnell vorbei" demonstrieren" , denn wir konnten dem auch was Positives abgewinnen, wir hatten einen Grund zu Feiern, anschließen und ausgiebig, an großen Maifeuern, bis tief in die Nacht. Unsere Regierung konnte Stolz das marschierende Volk vorzeigen, ich glaub das war der einzige Sinn, einen anderen hab ich nicht erkannt!
Manch einer ging gleich wieder von dort aus zur Arbeit. Aber Teilnahme war eben Pflicht, so wie am Anfang beschrieben, die Beteiligung an den Wahlen.


Fortsetzung folgt. Mehr dazu auch im Tivoli-Forum.

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