Das Riesenrad im Wiener Prater

Das Riesenrad im Wiener Prater

Wenn man an den Wiener Prater denkt, dann fällt einem natürlich das Riesenrad als erstes ein. Es ist - nach dem Stephansdom eigentlich das Wahrzeichen Wiens. Anno 1897 war Wien ja die Hauptstadt der Österr.ungarischen Monarchie, die Zeiten waren gut, die Wirtschaft florierte und es gab eine festliche Ausstellung.
Des Kaisers Regentenzeit feierte die 50. Wiederkehr der Thronbesteigung des Kaisers Franz Josef I.

Der englische Marineleutnant Ing. Walter Basset hatte die Idee auf dem Grundstück des Kaisergartens ein "gigantic wheel" zu errichten. Es gab ja solche bereits in London und Chicago- und sie lösten bei dem Publikum grosse Begeisterung aus.

1896 waren endlich alle bürokratischen Hürden überwunden, der "Amtsschimmel" war vom vielen Wiehern bereits heiser und es konnte endlich ans Werk gehen. Acht Monate dauerte die Montage und sie wurde mit grösster eile vorangetrieben, wollte doch jeder dieses gigantische Rad endlich sich drehen sehen.

Ja und dann war der grosse Augenblick da :-) ! Die Gattin des englischen Botschafters Lady Horace Rumbold schlug bei der Eröffnungsfeier den letzten Bolzen in die Radkonstruktion und der Jungfernfahrt stand nichts mehr im Wege. Leicht irritiert waren aber die hohen Herrschaften ob des eigenartigen Verhaltens eines Kommissionsmitgliedes , das sich strikt weigerte, in einen Waggon einzusteigen.... Trotzdem - es ging alles gut und die erste Fahrt im Riesenrad war ein voller Triumph.

Das Riesenrad erfreute sich hoher Besucherzahlen und trotzdem geriet es dann in grosse Schwierigkeiten...wie so oft war der Krieg auslösende Ursache. schon 1914 sperrte man es für Kriegszwecke, da es als militärischer Aussichtsposten verwendet wurde und das blieb weitere zwei Jahre so bestehen. Als der Krieg endlich zu Ende war, kam es für das gute Rad noch weit schlimmer.

Ein neuer Grundstückseigentümer weigerte sich den Pachtvertrag mit den Erben des mittlerweile verstorbenen Mr. Basset zu verlängern. Er lief zu Gericht und beantragte allen ernstes die Abtragung und Entfernung des Riesenrades von seinem Grundstück und - unglaublich aber wahr, er erhielt auch die gerichtliche Genehmigung dazu. Das Urteil lautete : .."abzutragen bis 28. Februar 1816"

Ja, und beinah hätte es dieses wirklich nur mehr im Glas gegeben, da die Erben die hohen Kosten des Abbruches nicht bezahlen konnten wurde das gute Rad letztendlich sogar noch gepfändet. Es trat wirklich der Exekutor auf und klebte den berühmten "Kuckuck" drauf... Nach langwierigen aber fruchtlosen Verhandlungen wurde es dann 1918 versteigert und ein Jahr später von einem Herrn Eduard Steiner erworben. Dieser hatte aber kein Auge für das Rad und dessen wunderbare Konstruktion, er hatte es lediglich zu Abbruchzwecken und Materialverwertung ersteigert.. Gottseidank hatte der gute Mann aber dann auch das Geld net um es abtragen zu lassen und so beschlossen die Eigentümer es weiter zu verpachten.

In den 20er jahren wurden viele Filme von amerikanischen Filmemachern in Wien gedreht und immer wieder wurde im Hintergrund das Riesenrad abgelichtet. Im Jahre 1922 sahen Millionen Besucher in mehr als 11 000 amerikanischen Kinos das Riesenrad mit dem Panorama Wiens. :-)

Aber immer noch nicht hatte es das arme Radl endlich überstanden denn 1944, es war bereits in den letzten Kriegswochen, wurde es ebenso unter den andauernden Bombenteppichen begraben... überall nur Schutt, Verbranntes und Asche... der Prater war am Ende. Kahle Bäume, Ruinen und Verzweiflung. Mittendrin stand es, schwerst beschädigt, ein Bild des Todes.

Aber so wie den "Wurstel keiner erschlagen konnte" eben den Kasperl, der damals ja im Prater noch der wichtigste kleine Mann war, - so liess sich auch der Wiener nicht unterkriegen und der Prater wurde neu aufgebaut und natürlich sein Wahrzeichen das Riesenrad :-)

Eine Fahrt mit dem Riesenrad ist einfach ein wunderschönes Erlebnis. Die Waggons sind gross und man hat nach allen Seiten einen wunderbaren Ausblick über Wien. Ich hatte meine erste Fahrt an meinem Firmungstag. Da meine Firmpatin sich weigerte, "da hinein zusteigen" und mein Onkel sich beim Stand ein gutes kühles Bier vergönnte, so erbarmte sich der Fiakerkutscher meiner und es war eine unvergessliche Fahrt. Der alte Kutscher erzählte mir während der fahrt die sage vom Meister Buxbaum, der den Stephansdom nicht vollenden konnte, da er ja einen Pakt mit dem Teufel abgeschlossen .-) .

Man sieht die Donau, man sieht über die Dächer Wiens , und da spürt ich zum ersten mal die Freude und den Gedanken : das ist meine Stadt. da gehörst du her. Diese Geschichten sind auch meine und seither war ich immer wieder auf der Suche Altes wieder zu finden, Vergessenes wieder zu beleben. :-)

Hier noch für Interessierte die technischen Daten:

Höchster Punkt des Riesenrades

64,75 m über dem Boden

Durchmesser des Rades

60,96 m(= 200 engl. Fuß )

Äußerer Durchmesser der Radkonstruktion

55,78 m

Innerer Durchmesser der Radkonstruktion

49,68 m

Achse des Riesenrades

10,87 m lang, 0.5 m stark, 16.3 t schwer

Gewicht der ganzen Radkonstruktion

244,85 t

Gesamtgewicht aller Eisenkonstruktionen

430,05 t

Geschwindigkeit

0,75 m/sec = 2,7 km/h

Anzahl der Waggons

bis 1944: 30 Waggons
ab 1947: aus Sicherheitsgründen 15 Waggons. Die Waggons tragen die Nummern 2, 4, 6, usw. bis 30, wobei seit 1987 Waggon Nr. 30 als Luxuswaggon geführt wird.



Der 30er Waggon ist der Luxuswaggon, den kann man mieten und er sieht aus wie ein kleiner Salon, mit Polsterbänken Tischchen, Vorhängen an den Fenstern und und... . alles was das Herz begehrt .-))

Es hat vieles erlebt und es hat zwei Kriege überstanden, es wurde immer wieder vom Abbruch bedroht und trotzdem, wie so viele Wiener, vor allem die älteren Leut, hat das Schicksal es nicht niederringen können. Alte Leute erzählen gerne vom früherem Prater, wo es nicht nur laut herging, nein der Prater hat auch ganz wunderschöne stille Ecken :-) .

Davon werde ich im nächsten Kapitel erzählen. Ich hab mir einiges davon gemerkt, einiges auch noch als Kind selbst erlebt, und immer wieder stand im Mittelpunkt das Riesenrad. Eisern und fest. Ich wünsche mir, dass es noch weiterhin bestehen bleibt, als Wahrzeichen, als Mahnung und einfach zur Freude daran, dass es einem die schönsten Ausblicke auf mein Wien bietet.

Ein Bericht von Sonja aus Wien, Quelle ist ihre Homepage
http://www.wienistanders.co.at

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