Ludwigslust

Auf meinem Programm für Ausflüge steht noch Ludwigslust. Also gut, das will ich heute machen, da das Wetter nicht so heiß ist wie die letzten Tage und sich für eine Kleinstadtwanderung anbietet.

Gleich vorweg: Total begeistert hat es mich nicht, das Städtchen Ludwigslust oder das, was ich davon gesehen habe. Aber das kann auch daran liegen, dass ich eine schlaflose Nacht hinter mir hatte.

Was ist hängen geblieben an Impressionen? Ein wirklich schön und idyllisch angelegter riesengroßer Schlosspark mit unzähligen Brückchen über Flüsschenverläufen, die in grade richtig große Teiche münden. Großzügige Rasen-(oder besser Wiesen-)flächen, viel naturbelassen aussehender Baum- und Buschbestand.

Ein katholische Mini-Kirche mit edlem Fürstengestühl drin.

Etliche Pavillons und Mausoleen im Park verstreut.

Ein Monstrum von Schloss, das noch monströser aussieht dadurch, dass es zu mind. zwei Drittel in Christo-Manier eingewickelt ist wegen Restaurationsarbeiten.

Innen ein Museum, das ich mir in Anbetracht des verlockenderen Gartenparks erspart habe. Doch zumindest habe ich Info-Material mitgenommen und werde mich ein bisschen schlau machen über Erbauer, Bewohner, und jetzige Unterhalter des Kastens.

In gebührendem Abstand dazu putzige kleine Häuser in einer langen Reihe, vor ihren Haustüren üppig blühende Rosenstöcke.

Ehrlich gesagt: Es interessiert mich eher nur peripher, wer wann was dazugebaut hat, wer wann welchen Stil und welche Stilelemente hinzugefügt hat. Und ohne die Hilfe des Flyers könnte ich das ganze historisch sowieso nicht einordnen.

Geschmack finde ich erst dann am Ganzen, wenn meine Fantasie aufblüht:

Dann sehe ich die Schlossherrin im Park nach Kindern mit Kinderfrauen Ausschau halten und einer Bediensteten, die unter der picobello reinen Kleidung schwitzt und keucht, weil sie schon einen verdammt anstrengenden Tag hinter sich hatte, als die Gnädige noch tief schlummerte, mitteilen, dass man den Tee heute im Pavillon einzunehmen wünsche! (Es gibt nämlich einen sogenannten "Teepavillon"!) Dann sehe ich die Kinder liebreizend eingemummelt in dicke Pelze auf dem Teich vorm Schloss Schlittschuh laufen, und die Kinderfräuleins sich am Ufer Eisfüße holen während der "Bewachungszeit". Und sehe ich die herrschaftlichen Kutschen vorfahren zu großen Bällen und die Herrschaften sich die Damen unter volantgeschmückten Sonnenschirmchen im Park verlustieren (nein, sooo nicht! viiiel dezenter!)

Und wenn ich dann lese, dass die und die Marmor- oder Steinstatue aus Schwerin herüber geschafft wurde, weil sie sich in Ludwigslust eben besser ausmachte dann frage ich mich: wer hat das Trumm her gebracht? Wie viele Pferde mussten da wohl ziehen? Wie viele Männer sich den Rücken krumm heben?

So als Herrschaft mag das Ganze ja noch nett gewesen sein aber als Personal? Uff! Dieser Riesenklotz von Schloss (Und das war nur der "Sommersitz"!) musste ja auch sauber gehalten werden! Und der Park gepflegt! Viele, viele Arbeitsplätze... Ich hätte noch nicht mal den der Gouvernante haben mögen!

Nach einer guten Stunde ist es genug für mich mit Ludwigslust. Ich habe noch knapp zwei Stunden Rückfahrt vor mir. Das soll für heute ausreichen an Programm.

Nun hab ich es gesehen, nun war ich da den Programmpunkt habe ich abgehakt und das gleich im doppelten Sinn, denn noch einmal wird es mich nicht unbedingt hinziehen.

Mecklenburg-Vorpommerns Landschaft, durch die ich zurückfahre, begeistert mich allerdings wie jedes Mal ohne Wenn und Aber.

21.6.05

ajs /tergea

Datenschutz